Gastbeitrag : Strömung im Meerwasseraquarium
Das Riffaquaristik Journal bietet euch ja nicht nur in regelmäßigen Abständen Videos und Fachartikel zu bestimmten Themen, sondern bietet euch, also unseren Zuschauern und Lesern, auch eine Plattform um eigene Artikel zu veröffentlichen. Themen über die Ihr schon lange mal berichten wolltet. Deshalb freuen wir uns euch dieses mal einen Gastartikel zu präsentieren…
Dürfte Ich Eure Plattform nutzen ? So kam Marius Schumann auf uns zu und fragte ob er bei uns einen Artikel über das Thema Strömung veröffentlichen dürfte. Es wäre nur eine Diskussions Grundlage, aber er wäre der Meinung, dass das Thema Strömung viel zu sehr vernachlässigt wird. Dem konnten wir uns natürlich nur anschließen, da wir selbst schon über einen Artikel über das Thema Strömung und Riffaufbau nachgedacht haben, den wir auch noch veröffentlichen werden. Aber es schadet ja bekanntlich nie, wenn man verschiedene Blickweisen hat und somit eine gute Diskussionsgrundlage schaffen kann.
Strömung hin oder her….aber gleich eine biologische Betrachtung ?
Es klingt wahrscheinlich wahnsinnig hochtrabend……biologisch….. aber unterm Strich, ohne Strömung keine Biologie. Aber das ist eben der Ansatz von Marius. Wir möchten eines gleich betonen. Wenn wir vom „Riffaquaristik Journal“ , Artikel von euch veröffentlichen, machen wir das gerne. Dies muss aber niemals unsere Meinung und Einstellung zu einem Thema reflektieren. Wir stellen eure Artikel vollkommen Wertefrei unseren interessierten Lesern zur Verfügung. Wir sind aber immer der Meinung, dass nicht ein Mensch allein die absolute Wahrheit für sich gepachtet hat. Gerade in der Aquaristik kommen einfach viele Facetten zum Tragen. Daher geben wir nun auch einfach ab an Marius. Viel Spaß beim lesen.
Marius stell dich bitte kurz vor
Mein Name ist Marius Schumann. Seit meinem 14. Lebensjahr bin ich leidenschaftlicher Meerwasseraquarianer und beschäftige mich auch mit dem Thema Großaquaristik und Aqua Kulturen. Besonders interessiert bin ich an den biologischen, biochemischen und physikalischen Vorgängen in den tropischen Riffen der Meere dieser Welt. Das Studium der Biologie ermöglicht es mir tief in diese Materie einzutauchen. Der Satz „REEFING IS A PASSION“ beschreibt sehr gut meine persönliche Haltung zu diesem faszinierenden Hobby. Ich hoffe durch meine Texte, mein individuelles Wissen mit der Community teilen zu können und somit meinen Beitrag „Strömung im Meerwasseraquarium“ zu einer Erweiterung dieses „Wissens“ in einem Dialog leisten zu können.
Strömung im Meerwasseraquarium
Eine biologische Betrachtung von Marius Schumann
Beginnen wir mit der Frage, Was ist denn das Ziel der Meerwasseraquaristik ? Die Antwort wird bei den meisten Aquarianern sein, dass wir eine möglichst naturnahe Gestaltung des Lebensraumes Riff schaffen wollen. Über die Thematik der Beleuchtung wurde in den letzten Jahren viel gesprochen. Der Trend geht immer mehr zur LED, da es mit dieser möglich ist naturnahe Spektren zu kreieren, welche eine relativ hohe Strahlungsstabilität über eine längere Zeit ermöglichen. Kurz gesagt, der Spektralverlust ist geringer und pendelt sich in den meisten Fällen bei 5% Leistungsverlust ein. Neben dem Licht wird auch den Wasserwerten eine wichtige Bedeutung zugeschrieben, was ein jeder Aquarianer bestätigen kann. In letzter Zeit hat die ICP Analyse immer mehr Bedeutung für das Hobby gewonnen. Sie ermöglicht es, bisher unbekannte Wasserqualitäten zu analysieren und auch zu erreichen. Auch hier ist das natürliche Medium das erklärte Ziel.
Ich möchte mich in dieser kurzen Abhandlung mit einem Thema beschäftigen, welchem immer noch zu wenig Bedeutung beigemessen wird : Der Strömung.
Fausformeln sind nicht immer richtig
Eine alte Faustregeln besaget, dass ein Meerwasseraquarium eine Strömung von ca. 20-25facher Umwälzung des Beckenvolumens pro Stunde benötigt. Diese Regel wird bis heute wenig hinterfragt. Leider ist diese Regel nicht wirklich sinnvoll, denn Strömung ist nicht gleich Strömung! Um die Bedeutung von Strömung für die Aquaristik zu verstehen und sinnvoll umzusetzen ist es notwendig sich zuerst die Strömung im natürlichen Lebensraum vor Augen zu führen.
Was ist Strömung und wie entsteht sie?
Strömung ist bewegtes Wasser. So leicht kann man es sich machen. Und so einfach ist es eigentlich auch. Die Frage ist jedoch, wie genau wird das Wasser bewegt. In der Natur gibt es vordergründig zwei Kräfte, welche Strömung antreiben. Diese Kräfte sind die Sonnenwärme und die Anziehungskraft des Mondes. Die Sonne erhitzt Wasser- und Landmassen und damit auch die darüber liegenden Luftmassen. Wenn die Luft diese Temperaturunterschiede ausgleicht entsteht Wind. Dieser treibt Wasser vor sich her und türmt es zu „Wasserbergen“, den Wellen auf.
Verschiedene Einflüsse auf Strömung
Eine Welle wandert jedoch nicht nur an der Oberfläche! Sie reicht sehr tief in die Wassersäule (das Pelagial) hinein und erzeugt eine gleichmäßige Bewegung der Wasserschichten. Wir bezeichnen diese Art der Strömung als „laminar“. Aber die Sonnenwärme erzeugt nicht nur Wind und Wellen. Sie erwärmt ganze Ozeanteile stärker als andere. Auch heizt sie das Oberflächenwasser stärker auf als die tiefen Wasserschichten. Aus dem alltäglichen Leben kennen wir das Phänomen, dass sich unterschiedliche Temperaturen gegenseitig ausgleichen. Dies geschieht auch im Meer und erzeugt in Zusammenspiel mit Winden (wie den Passatwinden) und der Erdrotation globale Strömungssysteme.
Ebbe und Flut
Auch die Anziehungskraft des Mondes spielt eine große Rolle für das globale Strömungssystem. An der Seite der Erde, welche dem Mond zugewandt ist, zieht der Mond das Wasser an. Es entsteht ein gigantischer Wasserberg. Auch auf der genau gegenüberliegenden Seite der Erde entsteht ein solcher Berg. Auf den Strecken zwischen diesen Bergen sinkt der Wasserspiegel ab. Auf diese Weise entstehen Flut (da wo die Berge sind) und Ebbe (in den sich abflachenden Bereichen).
Durch die Erdrotation wandern diese Berge um die Erde, weshalb es zu einem Wechsel von Ebbe und Flut kommt. Dieser Wechsel bewegt große Wassermassen, wodurch es zu Strömung kommt, welche je nach Tide ihr Richtung wechselt. Auch diese Strömung ist laminar.
Turbulente Strömung hauptsächlich am Riff
Wenn wir die Quintessenz aus dieser sehr stark vereinfachten Darstellung ziehen, so sehen wir, dass Strömung im Meer natürlicherweise „laminar“ ist. Turbulente Strömung finden wir an den Stellen, an welchen Wassermassen verwirbelt werden. Dies ist an sich nur der Fall in der Brandungszone und an den Seiten von Flussmündungen, in welchen sich Süß- und Meerwasser als Schichten ausbilden und bei ihrer Vermischung eine Art „Wirbel“ bilden. Zwar kann es auch im offenen Meer zur Entstehung von Strudeln und somit turbulenter Strömung kommen, aber dieses Phänomen soll aufgrund seiner eher geringen Bedeutung für die Riffe hier nicht weiter ausgeführt werden. Auch wird an Felsen und Korallen das Wasser turbulent verwirbelt. Wie diese Turbulenzen jedoch genau entstehen und wie stark sie sind, wird in diesem Beitrag noch behandelt werden.1/2/3
1 Vgl: Norbert Noreiks, Max-Planck-Institut für Meteorologie, nach Broecker, W.S. (1991): The great ocean
conveyor, Oceanography 4, S. 79-91.
Vgl: S. Østerhus, D. Quadfasel, and W. Turrell (2004): Already the Day After Tomorrow?. Science 305, S. 2
953-954.
3 Koppel, Tom. 2007. Ebb and Flow: Tides and Life on Our Once and Future Planet. Tonawanda, N.Y.: Dundurn
Press.
Bedeutung der Strömung im natürlichen Lebensraum
Strömung bewegt Wassermassen und somit auch darin gelöste Stoffe und darin treibende Planktonmassen. Somit befördert Strömung zum einen Futter und zum anderen im Wasser gelöste Stoffe wie Calcium, Magnesium oder Spurenelemente in die Riffe, ohne welche die Tiere nicht überleben könnten. Das globale Strömungssystem ersetzt somit den uns lästigen Wasserwechsel und füttert gleichzeitig die Tiere des Riffs.
Aber die Strömung hat auch andere Bedeutungen. Korallen sind Tiere, welche sich zum Teil Photoautotroph (über Photosynthese) zum anderen aber auch Heterotroph ernähren, indem sie Nahrungspartikel Fangen und Verdauen. Auch können sie bestimmte Zucker, Vitamine und Aminosäuren direkt über die Körperoberfläche aufnehmen.
Strömung als Stressschutz
Um all dies tun zu können, müssen die Stoffe, welche aufgenommen werden sollen, jedoch zur Koralle transportiert werden. Ebenso müssen Abfallstoffe von der Koralle weggetragen werden. All dies übernimmt die Strömung. Bei zu geringer Strömung stehen Korallen vor mehreren Problemen.
1. Sauerstoffstress
Am Tag nehmen Korallen über die Photosynthese CO2 auf und geben Sauerstoff ab. Bei zu geringer Strömung kommt es vor allem in dichten Acropora – Kolonien zu einer starken Anreicherung von Sauerstoff, was für die Korallen Stress bedeutet, da zu hohe Sauerstoffkonzentrationen den natürlichen Gasaustausch behindern.
2. CO2 Stress
In der Nacht können Korallen ihre Atmung nicht mehr durch Sauerstoff ausgleichen, welcher durch die hotosynthese entsteht. Das Tier stößt daher im Verhältnis mehr CO2 aus, welches sich aufgrund des fehlenden Sauerstoffs bei geringer Strömung in der Kolonie anreichert. Ähnlich wie wir Menschen auf erhöhte CO2 Werte mit Unwohlsein reagieren, ergeht es auch der Koralle. Sie hat Stress. Aus diesem Grunde möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass eine Nachtabsenkung der Strömung für die Korallen einen permanenten Stressfaktor darstellt und daher kritisch hinterfragt werden sollte.
3. pH-Stress
Der pH-Wert ist an die Verhältnisse von Säuren zu Basen gebunden und somit direkt an den CO2 Wert gekoppelt, da CO2 in Wasser als Kohlensäure wirkt. Dementsprechend führt ein CO2-Anstieg in der Korallenkolonie zu einem stärkeren Wirken der Kohlensäure und somit zu einer Verschiebung des pH-Wertes ins Saure (der pH fällt). Dies wirkt sich negativ auf die Kalkbildung aus.
4. Nahrungsstress
Seit einiger Zeit ist es aufgrund der besseren chemischen Möglichkeiten gängig, Aquarien mit sehr geringen Nährstoffen zu fahren. Dies lässt die Korallen bunter werden, da diese Zooxanthellen als Algen, welche ihrerseits Nährstoffe zum Wachsen verbrauchen, abgeben, wodurch die Lichtschutzpigmente nicht mehr von bräunlich grün gefärbten Zooxanthellen überlagert werden. Die Koralle wird heller und somit bunter, da die Schutzpigmente besser zu sehen sind. Bei sterbenden Riffen ist dieses Phänomen ebenfalls zu beobachten, wenngleich dies in Riffen durch erhöhte Temperaturen ausgelöst wird.
Kurz bevor die Korallen sterben, stoßen sie viele Zooxanthellen ab, wodurch die bunten Schutzpigmente die Korallen in extrem bunten Farben erstrahlen lassen. Kurz darauf stirbt das Tier und wird weiß. In der Natur verhungern Korallen nicht, weil die Strömung immer neues Futter in Form von Plankton oder gelösten organischen Verbindungen heranträgt. In der Aquaristik verwenden wir seit kurzem ebenfalls organische Verbindungen, um unsere Korallen zu ernähren. Als organische Verbindungen zählen hierbei verschiedene Zucker, Aminosäuren, Vitamine aber auch einige Proteine oder Enzyme sowie für die Funktion von Enzymen nötige Cofaktore.
Bei zu geringem Strömungsangebot können diese Stoffe die inneren Teile einer Korallenkolonie jedoch schwerer erreichen. Hier fehlt es an Nahrung und Abfallprodukte häufen sich an. In der Natur hilft jedoch nicht nur die Strömung das Lebewesen mit frischem Wasser zu versorgen. Große Acroporen dienen oft kleinen Fischen (z.B. Chromis oder Preußenfischen) als versteck. Die Fische düngen mit ihrem Kot die Zooxanthellen und bewegen durch ihre Flossenbewegungen das Wasser innerhalb der Kolonie.
5. Temperaturstress:
Stoffwechsel erzeugt Wärme!
Dieses Prinzip machen sich unter anderem Säugetiere zu nutze, um ihre Körpertemperatur aufrecht zu erhalten. Auch Korallen sind Tiere und erzeugen somit durch ihren Stoffwechsel Wärme, die deutlich messbar ist. So herrschen im Inneren einer Kolonie Temperaturen, welche die Umgebungstemperatur des Wassers um mehrere Grad Celsius überschreiten. Gerade im Sommer ist Strömung in dicht besetzten Aquarien daher sehr wichtig, da das ohnehin warme Wasser die „Kerntemperatur“ der Korallen weiter ansteigen lässt, wodurch es zu Gewebeschäden kommen kann. 4/5
4 Vgl: Kokott, Jörg: Sangokai Empfehlungen A-Z, Ratgeber für die Riffaquaristische Praxis. Version V3, 2016.
5 Vgl: Chappell, John: Coral morphology, diversity and reef growth, Nature 286; 249–252, 1980.
Unterschiede im Strömungsbild : laminar vs. turbulent:
Laminare Strömung ist kraftvoller und besser für die Aquaristik geeignet… aber warum? Turbulente Strömung zeichnet sich dadurch aus, dass sie viele Wirbel im Wasser erzeugt. Diese Wirbel bremsen sich gegenseitig stark ab, weshalb die Strömung im Becken eine geringe Reichweite hat. An Hindernissen wie z.B. Korallen wird die Strömung gebrochen. Hierbei entstehen noch mehr kleine Wirbel, welche die Strömung weiter abbremsen. Hinter einer Korallenkolonie, welche turbulent beströmt wird, nimmt die Strömung daher rapide ab. Nun haben wir in der Riffaquaristik das Problem, dass schöne Aquarien sich durch einen hohen Korallenbesatz auszeichnen. Je höher jedoch dieser Besatz, desto mehr kommt es zu immer kleineren Wirbeln im Strömungsprofiel, was wiederum bedeutet, dass die Strömung stark an Kraft verliert. Wir benötigen in dieser Konsequenz sehr viel Energie, in Form von Pumpenleistung, um überall im Becken eine zumindest geringe Wasserbewegung zu erzeugen. Wie bereits erwähnt, ist die Strömung durch den Strömungsverlust am Pumpenaustritt deutlich zu stark für viele Korallen und wird bereits nach teilweisen nur 50 cm durch Korallen so stark abgeschwächt, dass der Wasseraustausch an
der Koralle nicht mehr optimal ist.
Bei laminarer Strömung verhält es sich anders. In ihr gibt es keine Wirbel. Trifft nun diese einheitliche Strömung auf ein Hindernis, so umfließt ein Großteil der Strömung dieses, und wird dabei deutlich weniger verwirbelt. Die Strömung verliert wenig an Kraft, da die Wirbel sich nur direkt hinter dem Hindernis bilden, die restliche Strömung kann das Hindernis jedoch unverwirbelt umfließen und sich danach wieder zu einem laminieren Strömungsprofil vereinigen.6
Schub- und Zugströmung
Strömunspumpen erzeugen stets zwei Arten von Strömung. Zum einen eine Schub- und zum anderen eine Zugströmung. Die Schubströmung ist die „offensichtliche“ Strömung, welche direkt von der Pumpe abgegeben wird. Sie ist sehr kraftvoll und je nach Pumpenfabrikat mehr oder minder stark verwirbelt. Die Zugströmung ergibt sich durch das Ansaugen von Wasser durch die Pumpe. Diese zulaufende Strömung ist weitestgehend laminar. Bei den meisten Pumpen mit rundem Ansauggitter ist diese jedoch sehr ungerichtet und dadurch deutlich weniger kraftvoll. Durch eine klare Ausrichtung dieser Ansaugung, lässt sich jedoch eine deutlich ergiebigere (weitreichendere)
laminare Strömung erzeugen. Diese Feststellung wird im weiteren Text noch von Bedeutung sein.
6 Vgl: Idelchik, I.E. Handbook of Hydraulic Resistance, 3, 2005.
Aquarien auf dem Prüfstand
In den vorangegangenen Seiten wurde deutlich, dass Strömung in Riffen eine zentrale Bedeutung zukommt.
Es wurde herausgestellt, dass die Strömung in Riffen laminar, das heißt gleichmäßig, gerichtet, breit und kraftvoll ist.
Eine laminare Strömung ist auch in unseren Becken anzustreben, da durch das breite Strömungsbild einer in Bewegung befindlichen Wassermasse das Wasser an jedem Punkt des Beckens gleichmäßig bewegt wird. Die meisten Strömungspumpen, welche direkt im Becken verbaut sind, erzeugen eine turbulente d.h. verwirbelte Strömung. Eine solche verwirbelte Strömung wird, wenn sie auf Hindernisse (Dekoration, Korallen) trifft immer stärker verwirbelt, wodurch die Kraft der Strömung sehr schnell extrem stark abgeschwächt wird. Dies führt zu einigen Nebenwirkungen.
1. benötigen wir in voll besetzten Becken meist mehrere Strömungspumpen an verschiedenen Positionen, was der Ästhetik des Beckens schaden könnte. Es kann unnatürlich und störend dem Betrachter ins Auge fallen.
2. diese gegeneinander gerichteten Pumpen erzeugen nicht selten Prallzonen, an welchen die Strömungen aufeinander prallen und sich gegenseitig weiter abschwächen. Es kommt zu Strömungsauslöschungen.
3. oftmals ist die Strömung aus Kostengründen auf einige wenige, dafür aber sehr leistungsstarke Pumpen reduziert, welche in dem Bereich vor der Pumpe eine zu starke Strömung für viele Korallen erzeugen. Hierdurch sind wir in der Gestaltung unseres Beckens eingeschränkt, da z.B. viele LPS Korallen in diesen Bereichen nicht plaziert werden können. Im Groben gibt es zwei verbreitete Möglichkeiten die Strömungspumpen in Becken anzuordnen. Entweder alle auf einer Seite des Aquariums, oder gegeneinander Versetzt in zwei diagonalen
Ecken.
Becken mit Strömunspumpen in eine Richtung
Solche Becken werden meist mit „Puls“ betrieben. Die Pumpen schalten zwischen an und aus hin und her. Hierdurch wird eine Welle erzeugt, welche jeweils von den Scheiben des Aquariums zurück prallt und durch die im immer gleichen Rhythmus laufenden Pumpen verstärkt wird. Oftmals wird angenommenen, dass eine solche „Wellensimulation“ dem Wohl der Tiere zuträglich sei, da ja die Wellen des natürlichen Lebensraumes simuliert werden. Ich kann persönlich diese Theorie nicht unterstützen. Gibt man einmal kleine Plastikkugeln in ein solches Becken, so kann man beobachten, dass die Kugeln bei jeder „Welle“ um wenige Zentimeter in jeder Richtung verschoben werden. Sie werden um die gleiche Entfernung nach links und rechts ausgelenkt und schwingen
somit hin und her. Dies zeigt, dass in solchen Becken der Wasserkörper gewissermaßen hin und her geschaukelt wird.
Detrius wird nicht abgetragen
Auf diese Weise können jedoch Mulmablagerungen nicht effektiv entfernt werden, da sie nicht von einer kraftvollen Strömung „mitgerissen“ werden, welche sie dem Filterablauf zutragen kann. Viel eher schaukelt der Detritus in immer den gleichen Bereichen hin und her. Wer einmal in einem noch leeren Becken Treibstoffe im Wasser hatte, kann dies leicht bestätigen. Zwar erfüllt eine solche Wasserbewegung ihren Zweck, das Wasser innerhalb der Korallenkolonien zu bewegen, aber sie ist vom natürlichen Vorbild weit entfernt, in welchem Wasser angetriebenen durch Wellen und Gezeiten in großen Mengen über das Riff getragen wird, oder in machtvollen Strömungen an der Riffkante entlang fließt. Eine Entfernung von Korallensekreten, wie sie vor allem von Weichkorallen in großem Maße gebildet werden, ist ebenfalls nicht effizient. Viele Fische (z.B. Doktorfische oder Anthias) sind Strömungsliebend. Ihnen können wir mit einem solchen Becken keine optimalen Wohlfühlbedingungen“ schaffen, da sie nicht gegen eine kraftvolle Strömung anschwimmen können. Eine Strömungserhöhung in solchen Becken geht immer mit einer Erhöhung der Wellenampitude einher. Einfach gesagt, werden die Wellen höher, was bei Becken mit normaler Randhöhe und Überlaufsystemen zu Problemen führt, da sich der Wasserstand permanent um mehrere Zentimeter nach oben und unten verschiebt. Ein überlauf in einem solchen Becken wird nie wirklich optimal eingestellt sein und daher auch immer relativ laut sein. Aus den genannten Gründen würde ich eine solche Strömungserzeugung nicht empfehlen.
Becken mit diagonal versetzten Strömungspumpen
Dieses Strömungskonzept ist wohl das verbreitetste. Hinter ihm steht der Gedanke, dass eine Kraftvolle Ringströmung entsteht, welche Effektiv die Korallen umspült und Fischen die Möglichkeit gibt gegen die Strömung zu schwimmen. Dies stimmt so auch, vorausgesetzt, dass in der Mitte des Beckens ein Wandartiger Riffaufbau steht, welcher die beiden Wasserströme voneinander trennt. Wenn dies nicht so ist, treffen die „seiten“ der beiden Wasserströme in der Beckenmitte aufeinander. Es entsteht eine Prallzone, in welcher die Durchströmung sehr schlecht ist, da es zu Strömungsauslöschungen kommt. Meist ist aber genau diese Beckenmitte der am dichtesten
besiedelte Bereich (direkt unter der Lampe), wodurch die Korallen nicht optimal beströmt werden. Durch die dichten Korallen wird die Strömung weiter Abgeschwächt, wodurch es trotz vermeintlich starker Pumpen zu Strömungsbedingtem Stress kommen kann. Auch sollten solche Becken eine eher Langgestreckte Struktur aufweisen, da die Strömung nur an den Langseiten effektiv strömt und bei der Umlenkung auf die kurzen Seiten stark Verwirbelt (Strömungswirbel) wird und auch teilweise zurückprallt (Strömungsecho). Hierdurch wird die Strömung stark abgeschwächt. Auch entstehen Wirbel, welche beginne mit dem Wasserfluss zu wandern. Es entsteht dadurch im Becken eine sehr turbulente, stark verwirbelte Strömung, welche dem natürlichen Vorbild nicht
entspricht. Mit gebogenen Seitenscheiben könnte dieses Problem stark verbessert werden. Solche Becken sind jedoch teuer, da sie aufwendig in der Fertigung sind.
Wie man deutlich sehen kann, ist eine solche Strömung auch nicht wirklich optimal, wenngleich sie aufgrund der höheren Wasserbewegung deutlich besser die bei der zuvor beschriebenen Variante genannten Nachteile ausgleichen kann.
Ein eindeutiger Nachteil dieser beiden Varianten ist, dass Strömungspumpen entweder permanent zu sehen sind, was nicht sehr ästhetisch wirkt, oder mit großen Aufwand verkleidet werden müssen, was in den meisten Fällen die Ansaugleistung und somit die Gesamtleistung der Pumpe verringert. Eine Verkleidete Pumpe wird somit nie die selbe Leistung erbringen können wie eine nicht verkleidete.
Beide Strömungskonzepte haben, wie soeben beschrieben gewissen Nachteile in der Strömungsbildung. Hinzu kommt der für Aquarienaner wichtige Gesichtspunkt des Ansaugens von Tieren durch die Strömungspumpen. Gerade Anemonen und Weichtiere wie z.B. Seehasen sind hiervon gefährdet. Der Tod eines großen Seehasen, einer Nacktschnecke, eines Seeapfels oder einer großen Anemone durch eine Strömungumpe setzt in sehr kurzer Zeit große Mengen an organischem Material und Giftstoffen frei, welche nicht selten ganze Fisch und Korallenbestände töteten. Auch führt dies dazu, dass wanderfreudige Anemonen kaum länger gehalten werden
können, obwohl sie oftmals wunderschön sind.
Neue Theorien müssen getestet werden
Ich stellte mir die Frage, wie man eine dem natürlichen Lebensraum nachempfundene Strömung in Aquarien umsetzen könnte und zugleich die Probleme der frei im Becken befindlichen Pumpen mit den genannten Nachteilen stark verbessern könnte. Ich möchte meine Lösung für dieses Problem im folgenden kurz erläutern, verweise jedoch darauf, dass es sich um ein von der Theorie geleitetes Konzept handelt, welches so bisher noch auf wenige Erfahrungswerte zurückgreifen kann. Für Hobbyisten, welche gerne Probleme neu denken, versuche Ich im Folgenden eine Möglichkeit vorzustellen, welche es meiner Meinung nach verdient hat, sich in der Praxis beweisen zu dürfen.
Das Strömungsaquarium
Die Strömung in Aquarien unterscheidet sich grundlegend von der Strömung im Meer. Der Grund hierfür ist, dass im Meer gigantische Wassermassen in Bewegung sind, welche aufgrund ihrer Trägheit durch Korallenkolonien als Strömungswiderstände nur wenig beeinflusst werden. In der Aquaristik haben wir hingegen das Phänomen einer geringen Wassermasse, welche sehr störanfällig auf Strömungswiderstände reagiert. Die Wassermasse ist gering und die Zahl der Korallen und freien Steinmassen, welche als Strömungswiderstände wirken, ist in Bezug auf dieses
Wasservolumen überproportional hoch. Das Erzeugen einer wirklich gleichbleibenden, kraftvollen „laminaren“ Strömung, wie sie im Meer zu finden ist, ist daher in Heimaquarien nahezu nicht zu realisieren.
Ich möchte im Folgenden einige Vorschläge machen, wie die Strömung in unseren Aquarien trotzdem verbessert werden kann. Ich sehe die Zukunft der Strömung in Riffbecken in einer weichen, gerichteten Strömung; das heißt, in der Erzeugung einer breiten (nicht punktuellen) Strömung, welche das Wasser wie beim Wechsel von Ebbe und Flut, dem Durchlauf von Wellen oder dem Strömungsfluss entlang der Riffkante bewegt. Eine mögliche Lösung, eine solche Strömung in Aquarien zu realisieren, besteht darin, an zwei gegenüberliegenden Seiten des Aquariums eine Kammer anzulegen, welche sich über die komplette Seitenlänge des Beckens erstreckt. Eine dieser Kammern muss dabei komplett geschlossen sein (Druckkammer) und in Beckenrichtung eine Lochplatte mit gleichmäßiger Perforation (kleine Löcher) aufweisen. Mittels einer Förderpumpe kann das Wasser aus der entgegengesetzten Kammer, welche ebenfalls über solche Löcher verfügt, gepumpt und mittels einer Rohrverbindung mit hohem Druck in die eben beschriebene geschlossene Druckkammer gedrückt werden. Das Wasser tritt in diesem Fall gleichmäßig durch die Perforation aus und erzeugt somit eine weiche, gleichmäßige, gerichtete und dennoch kraftvolle Strömung. Der Nachteil eines solchen Systems ist der, dass die verwendeten Pumpen mit hohen Wasserdrücken und Mengen arbeiten müssen. Auch ist die Reinigung einer solchen Druckkammer schwer zu realisieren. Weiterhin sehen diese Kammern nicht wirklich ästhetisch aus, was bedeutet, dass ein solches System nur bei in Wänden verbauten Becken optisch ansprechend ist.
Im Folgenden möchte ich ein Beckenkonzept vorstellen, welches bisher in der Meerwasseraquaristik so gut wie keine Anwendung fand, welches jedoch die Vorteile einer kraftvollen, gerichteten und gleichmäßigen Strömung mit dem ästhetischen Vorteil eines Beckens vereint, in welchem keine einzige Strömungspumpe im Becken zu sehen ist.
Das abgebildete Beckenmodell findet seit Jahren Anwendung in der Süßwasseraquaristik und wird hierbei vor allem zur Simulation von Fließgewässern verwendet. Da solche Fließwasseraquarien selten gebaut werden, sind auch die „Strömungsaquarien“ wenigen ein Begriff.
Das Prinzip ist sehr einfach. Im unteren Teil des Beckens wird in einem Abstand von ca. 10-15 cm zum Aquarienboden eine Acryl – bzw. PVC – Platte verklebt, welche an der Vorder- und Hinterscheibe bündig anliegt. Auf diese Weise entsteht eine Strömungskammer, in welche später die Strömungspumpen integriert werden. Um die Last des Riffes tragen zu können, sollte die eingezogene Platte alle 20 cm durch eine längs verklebte Glasstrebe gestützt werden. Die Materialwahl der Platte würde ich aufgrund der Bruchgefahr von Glas dringend empfehlen. An die Platte schließen sich jeweils an den kürzeren Seiten des Beckens Gitter aus Kunststoff an, welche sich über die gesamte Länge dieser Seiten erstrecken. Die Breite der Gitter sollte so bemessen werden, dass die geplanten Strömungspumpen leicht durch diese „Gitterschlitze“ geführt werden können. Bei der Maschengröße empfiehlt sich ein Gitter von einer Perforation der Maße 0,5 cm. Lichtrasterplatten können gegebenenfalls ebenfalls verbaut werden, ermöglichen es jedoch, je nach Besatz, dass kleinere Fische in die Strömungskammer gelangen.
Auf die richtige Pulsierung achten
Die Strömungskammer sollte eine Höhe von etwa 10-15 cm aufweisen. Hierdurch wird das Entstehen von starken Wirbeln und somit das Entstehen großwirbeliger turbulenter Strömung stark reduziert und eine optimale Beschleunigung des Wassers erreicht. In der Strömungskammer werden an einer Seite unter dem Gitter Strömungspumpen installiert. Hierbei sollten mehrere Pumpen verbaut werden um eine gleichmäßige Beschleunigung des Wassers über die gesamte Fläche zu ermöglichen. Ich persönlich halte die Verwendung von je einer Pumpe auf 20-30 cm Beckentiefe (je nach Pumpe) für ratsam. In genau diesem Abstand sollten auch die stützenden Glaselemente verbaut werden. Auf diese Weise entstehen mehrere kleine Strömungskanäle, welche das Strömungsbild weiter verbessern. Auch empfiehlt es sich dringend regelbare Pumpen zu verwenden, da mit diesen die Strömungsgeschwindigkeit optimal auf das Becken eingestellt werden kann. Weiterhin ist es auf diese Weise möglich, über den Tagesverlauf verschiedene Strömungsgeschwindigkeiten zu simulieren. Auch können sehr lange „Sinuskurven“ genutzt werden, um den Durchlauf von Wellen zu simulieren. Hierbei muss das Wort LANG hervorgehoben werden. Eine Regelung der Pumpe von 0% auf 100% und wieder auf 0% sollte mindestens
20 Sekunden betragen. Auch ist es meiner Meinung nach günstig, die Pumpe nie auf 0% zu dimmen, sondern eher zwischen 30-50% und der gewünschten Maximalleistung zu fahren. Auf diese Weise bleibt die Strömung stets im Fluss, was Turbulenzen vorbeugt und auch Energie spart.
Achtet hier auf mehr Rotorblätter
Das Wasser wird in der Kammer gleichmäßig beschleunigt und tritt über das entgegen liegende Gitter ins Hauptbecken aus. Unter diesem ausströmenden Gitter sollte über die gesamte Breite eine Glasplatte schräg verklebt werden, um einen harten Aufprall der Strömung auf die Aquarienenscheibe zu verhindern. Je flacher der Winkel gewählt wird, desto besser entwickelt sich die Strömung. Auf der Pumpenseite saugen die Pumpen das Wasser aus dem Hauptbecken durch das Gitter an, um es erneut zu beschleunigen. Auf diese Weise entsteht eine kraftvolle Strömung ohne sichtbare Pumpen. Dem achtsamen und physikalisch interessierten Leser wird aufgefallen sein, dass dieses Stömungskonzept noch keine laminare Strömung erzeugt, solange das Wasser durch die Strö-
mungspumpen stark verwirbelt wird. Als kleine Faustformel gilt, dass Pumpen mit mehr als zwei Rotorblättern das Wasser gleichmäßiger beschleunigen, wodurch das Strömungsbild weniger Wirbel ausbildet. Der Grund hierfür ist, dass die Strömungsabrisse an den Rotorblättern nicht so groß sind. Ich empfehle daher den Gebrauch einer Pumpe mit mehr als 2 Rotorblättern. Auch Pumpen mit einem Lamellenrotor sind sehr gut geeignet, da sie das Wasser besonders gleichmäßig und breit beschleunigen.
Weniger tote Strömungsecken
Aber auch ohne solche speziell ausgewählten Strömungspumpen kann das System sehr gut funktionieren. Es erzeugt eine Kreisströmung, bei welcher das Wasser durch die Strömungskammer hin, und durch das eigentliche Tierbecken zurück fließt. Auf diese Weise werden eine Schubströmung (die von der Pumpe abgegebene Strömung) und eine Zugströmung (durch das Ansaugen von Wasser durch die Pumpen) kombiniert, was zu einer Strömungsberuhigung im Sinne einer Verminderung von Strömungsturbulenzen im Tierbecken beiträgt. Bei diesem Strömungskonzept kommt es nicht wie bei Becken mit Strömungspumpen auf beiden Seiten des Beckens zu einer ausgeprägten Prallströmung, welche dazu führt, dass sich die Strömungen gegenseitig abschwächen/ auslöschen und stark verwirbeln, da das Wasser auf der Austrittseite über eine schräge Platte geleitet wird und das „rückströmende“ Wasser im Tierbecken vor dem Aufprall auf die Aquarienscheibe zu einem großen Teil durch die Zugströmung der Pumpen abgelenkt wird. Der Pralleffekt der Scheibe ist also geringer, da das Wasser entlang dieser nach unten gezogen wird. Hierdurch kann die ganze Kraft der Strömungspumpen effektiv genutzt werden. Auch entstehen auf diese Weise kaum „tote Strömungsecken“, da sich das Wasser gleichmäßig bewegt, und Hindernisse somit bestmöglich umströmt werden. Ich rate bei der Planung eines solchen Beckens dazu, auf Bodengrund zu verzichten, da die kraftvolle Strömung diesen stark verdriftet. Wer dennoch nicht auf Bodengrund verzichten will, sollte zwischen der Acrylplatte und dem Kunststoffgitter einen kleinen Steg verkleben, welcher verhindert, dass der Sand direkt in das Gitter gedrückt wird. Auch empfiehlt es sich eher grobkörnigen Sand zu wählen, da dieser nicht so leicht verblasen wird.
Riffgestaltung:
Ein gutes Strömungskonzept hilft nichts, wenn es bei der Riffgestaltung nicht beachtet wird. Bei der Gestaltung des Riffaufbaus sollte dringend darauf geachtet werden, dass größere Riffelemente längs zur Strömung ausgerichtet werden. Eine quer stehende Wand erzeugt einen großen Strömungsschatten, welcher auch durch die eher laminare Strömung nicht ausgeglichen werden kann. Am besten eignen sich meiner Meinung nach freistehende Säulen aus Riffkeramik oder Lebendgestein.
Alternative Closed Loop
Ein solcher lockerer Aufbau bietet nicht nur den Korallen Platz zum Wachstum, sondern erleichtert auch die Durchströmung erheblich und beugt somit der Depotbildung vor. Diese Aufbauempfehlung ist nicht spezifisch für dieses Konzept gedacht, sondern eine allgemeine Empfehlung. Zwar sind auch Becken mit großzügigen Rückwänden optisch sehr schön, aber sie benötigen eine gesonderte Umströmung der Rückwand. Wird diese, wie leider viel zu oft, von vornherein nicht bedacht, kommt es unweigerlich zu Ablagerungen und somit zu möglichen Problemherden. Wer dennoch auf eine Rückwand nicht verzichten will, dem lege ich die Verwendung eines „closed loop“ Systems ans Herz, bei welchem das Wasser durch ein Rohrsystem angesaugt, beschleunigt und abgegeben wird. Es ist hierbei darauf zu achten, die Austrittsöffnungen in Strömungsrichtung auszurichten, da sonst Prallströmungen entstehen.
Diese Art der Strömungserzeugung ist vor allem für etwas flachere aber dafür tiefe Becken in der Art eines „Poolbeckens“ geeignet. Da das Wasser aus dem Ausströmgitter am Boden der Riffaufbaus ausströmt, wird die Strömungskraft nach oben hin etwas abgeschwächt. Für hohe Becken über 50 cm ist dieses System daher nur bedingt geeignet. Die 50 cm beziehen sich hierbei auf dasTierbecken. Die Höhe der Strömungskammer muss bei der Beckenplanung aufgeschlagen werden, also z.B. 50 cm Tierbecken + 15 cm Strömungskammer = 65 cm Beckenhöhe. Natürlich muss die tatsächliche Beckenhöhe noch etwas höher sein, da noch ein Rand nach oben bleiben muss
Filtration
Die Strömungskammer darf nicht mit einer Filterkammer verwechselt werden. Die Filterung geschieht weiterhin über einen Oberflächenablauf. Bei Verwendung eines Ablaufschachtes ist darauf zu achten, dass dieser in einer Ecke und nicht in der Mitte verbaut werden sollte, da er die Strömungslinie bricht und somit wieder eine turbulente
Strömung erzeugt. Besonders empfehlenswert ist die Verwendung eines außen liegenden, fest verbauten Überlaufs oder die Verwendung eines Hang – On Systems. Die Wasserrückleitung sollte über eine Düse in Strömungsrichtung erfolgen. Auch sollte sie oberflächennah und am besten über mehrere Düsen erfolgen, da auf diese Weise die etwas schwächere Strömung im oberen Beckenbereich ausgeglichen werden kann. Je nach Durchlauf im Filterbecken können auf diese Weise auch höhere Becken realisiert werden. Der Durchlauf durch das Technikbecken ist hierbei wie gewohnt beizubehalten.
Was sind Vorteile dieses Systems
Die Vorteile liegen in einer Reduktion von Wasserturbulenzen, was die Strömung kraftvoller und ergiebiger macht. Es sind durch eine Verkleidung der Strömungskammer mittels Blende keine Strömungspumpen im Becken zu sehen, was den ästhetischen Wert des Aquariums steigert. Das Riff wird optimal um- sowie unterspült, was der Entstehung von Detritusansammlungen vorbeugt und somit der Entstehung von Depots entgegenwirkt. Da die Pumpen nicht mehr im Tierbecken verbaut sind, können z.B. Anemonen nicht mehr angesaugt werden. Gerade für die Haltung wanderfreudiger Anemonen bietet diese Beckengestaltung daher mehr Sicherheit. Es wird das natürliche Strömungskonzept von Ebbe und Flut, durchlaufenden Wellen und Strömungen entlang der Riffkanten simuliert, bei welchen es zu einer gerichteten Strömung kommt. Auch Wellen laufen weitestgehend in einer Richtung (vom Meer zum Ufer) durch ein Riff! Dieses Beckenkonzept ist vor allem für strömungsliebende Tiere wie Anemonen, Gorgonien, Haarsterne und SPS Korallen geeignet. Ebenso ist es optimal für strömungsliebende Fische.
Wie stark sollte die Strömung sein? Welche Leistung wird empfohlen?
Wie so oft kann hier keine allgemeingültige Antwort getroffen werden. Die Strömungsleistung hängt stark vom geplanten Besatz ab. Bei starkem LPS Besatz ist die Strömungsleistung um 30 % niederiger anzusetzen als bei starkem SPS – Besatz (meine persönliche Erfahrung). Die meisten Aquarianer machen den Fehler, die Pumpen aus Kostengründen am Leistungslimit zu planen. Dieses Vorgehen will ich an dieser Stelle kritisch hinterfragen, denn es führt nicht nur dazu, dass bei starkem Korallenwachstum früher oder später stärkere oder zusätzliche Pumpen angeschafft werden müssen. Dies ist meist teuerer als gleich eine stärkere Pumpe zu kaufen und sieht im Falle der zusätzlichen Pumpen auch optisch nicht ansprechend aus. Ein Fahren der Pumpen am Leistungslimit führt dazu bei fast allen Pumpen zu einer hohen Geräuschentwicklung und zu einem höheren Verschleiß des Pumpenlagers.
Aus diesen Gründen rate ich, gerade bei diesem Konzept, bei welchem die Größe der Pumpen für die Optik keine Rolle spielt, zum Kauf von „überdimensionierten“, regelbaren Pumpen, da bei diesen die Leistung bei fortschreitendem Korallenwachstum ohne Probleme gesteigert werden kann und durch einen Betrieb unterhalb des Leistungslimits die Geräuschentwicklung minimiert wird.
Bei Strömungsbecken ist die Pumpenleistung weniger von der Literzahl als von der Länge des Beckens Beschleunigungsweg) abhängig. Bei dem Vorgestellten Strömungsaquarium ist es wichtig, die Pumpen über die gesamte Tiefe des Beckens (ca alle 20 cm Beckentiefe eine Pumpe) zu verteilen!
Bei einem Tierbecken der Maße (LxHxT) 100x50x80 (400L) würde ich 4 Pumpen (4x20cm = 80cm Beckentiefe) einsetzen, mit einer jeweiligen Maximalleistung von ca. 11 000 – 15 000 l.
Diese Werte sollten bitte nicht als absolute Angaben gewertet werden. Je nach Besatz, Kammerbreite und Pumpenmodell kann dies variieren.
Als Faustregel sollte aber gelten, dass die Pumpenleistung mit der Länge des Beckens ansteigen muss, da sonst der Beschleunigungsweg nicht effektiv genutzt wird. Ich verweise an dieser Stelle nachdrücklich darauf, dass ich trotz einiger Strömungstests, und umfangreicher Recherche hier keine absolute Empfehlung geben kann! Es handelt sich um ein neues Konzept, welches bisher wenig genutzt wird.
Das vorgeschlagene Konzept ist von der Natur inspiriert, und birgt klare Vorteile gegenüber herkömmlicher Strömungskonzepte. Aus diesem Grund spreche ich mich für einen „Test durch die Community“ aus und vor allem einer Sachlichen Diskussion.
Abschließende Worte
So das war der Beitrag von Marius und wir möchten uns noch einmal für seine ganze Arbeit recht herzlich bedanken. Auch das zur Verfügung stellen einiger Bilder und Grafiken um das ganze auch optisch gestalten zu können. Wir hoffen dieser Artikel hat euch gefallen und wir würden es begrüßen, wenn dieser Ansatz von Marius zu einer angeregten Diskussion führen würde. Solltet Ihr beim lesen nun Lust bekommen haben, dass Ihr auch mal sowas gestalten wollt, meldet euch bitte bei uns. Wir würden uns freuen, diesen Artikel auch bei uns veröffentlichen zu dürfen.
Nun bleibt uns noch noch euch allen ein schönes Wochenende zu wünschen. Bliebt uns treu und bis bald euer Carsten.